Über Verkugelung, Globalisierung und das Wandern

von Richard Szklorz


Eines Tages entschloß sich der liebe Gott, der manchmal nicht lieb, sondern launisch ist, dem flachen Zustand der Erde ein Ende zu setzen. In der Verkleidung eines Pizzabäckers knetete er das flache Etwas zu einer Kugel, die er in die Luft warf. Doch statt, wie es sich für einen anständigen Pizzabäcker gehört, diese wieder einzufangen, ließ er sie fliegen. Von da an dreht sie sich, was uns bekannt ist, weil dies den scharfsinnigen Galileo Galilei zu der berühmten, bis heute überlieferten Aussage brachte:

"Und sie dreht sich doch!"


Seitdem ist das Wandern auf der Erde beschwerlicher geworden. Denn beim Geradeausgehen kommen wanderlustige Menschen immer wieder zum selben Ausgangspunkt, statt wie früher an den Erdrand. Dennoch bringt es viele von ihnen nicht vom Wandern ab. Heute wissen wir, warum: Es liegt an der Globalisierung.
Wäre die Erde nämlich flach geblieben, statt eine Kugel zu werden, auf lateinisch Globus, hätten wir sie heute nicht, die Globalisierung.
Dann ahnten wir nicht, warum unsere nicht mehr flache, sondern runde Erde von Problemen befallen ist.

Da es aber die Globalisierung gibt, was als "Verkugelung" übersetzt werden kann, sagt uns heute jedes Kind, daß die Arbeitslosigkeit und die astronomischen Gewinne einiger Großunternehmen in Deutschland mit eben jener Verkugelung zusammenhängen. Natürlich wissen wir inzwischen auch, daß die Verkugelung, sprich Globalisierung, eine Metapher dafür ist, daß der Erdball immer kleiner wird und wir mit all den Thais, Indern und Chinesen auf den Weltmärkten konkurrieren müssen. Wir sind einsichtig.


Zu dumm, daß nicht nur wir von der Verkugelung gehört haben, sondern auch die Völkerschaften, die früher so weit weg schienen. Noch wollen sie, die Thais, Chinesen, Inder, nicht alle zu uns. Da würde sogar unser Beschützer, der Minister Kanther, der immer coole, schlecht schlafen. Und wir auch.
K eine Illusionen also: Nicht nur wissen von ihnen, sondern auch sie wissen von uns. So wie auch die Kurden, wie es scheint, im allerletzten Bergdorf und schäbigsten Flüchtlingslager von der Verkugelung gehört haben und jetzt dabei sind herauszufinden, ob es auf unserem Stückchen der Kugel einen Zipfel zum Leben für sie gibt.
Doch plötzlich erklären uns dieselben, die noch gestern von der Globalisierung sprachen, daß die Erde flach ist und es einen Erdrand gibt, an den man Menschen treiben kann. Wenn nicht anders, vielleicht sogar mit Kugeln, was eine Verkugelung wäre, an die sie, wer weiß, schon heimlich denken.

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